Bild: Chess Records
Bild: Chess Records
Von Alexander Cordas
Redakteur beim Musikmagazin laut.de
20. Oktober 2017
Wie sagte dereinst ein großer hanseatischer Dichter und Denker: "Man play the blues and I putz you your shoes!" Denkt man an 'typische' Blues-Musik, bleiben Party-Assoziationen sicher erst mal außen vor. Das Klischee besagt: Der Blueser muss vom Leben gezeichnet sein, traurig durch und durch, am besten auf der Straße sitzend, gibt er seine Lamentos in musikalischer Form zum Besten. So weit, so blöde.
Diese einseitige Sicht auf das wunderbare Genre stammt aus der Zeit, als sich ein vornehmlich weißes Publikum dem klingenden Erbe der US-amerikanischen Musik annahm und sie für sich vereinnahmte. Bands wie die Rolling Stones, die Yardbirds, Cream oder Rory Gallagher machten ab den 1960er Jahren dem europäischen Publikum die Songs aus dem Delta oder Chicago schmackhaft.
Dabei übersieht man jedoch, dass der ursprüngliche Blues gar nicht die Trübtassigkeit beinhaltet, die der gemeine Musikhörer vermutet. Ganz im Gegenteil. Blues war Partymucke durch und durch. Hört man sich frühe Aufnahmen an, zum Beispiel W.C. Handys "Memphis Blues" aus dem Jahr 1912, würde kaum jemand vermuten, dass hinter dem Interpreten eine gemarterte Seele stehe, die Musik zum Ausdruck ihres Leids benötigt. Jener Handy bezeichnete seine eigene Musik sogar als "Happy-go-lucky-Songs", also unbekümmerte, unbeschwerte Unterhaltungsmusik.
Eine der berühmtesten Erweckungsgeschichten des Blues darf der Südstaatler Robert Johnson für sich beanspruchen. Der Legende nach soll der Mann aus Hazlehurst/Mississippi seine Fähigkeiten erworben haben, als er eines Nachts an einer Kreuzung den Satan persönlich trifft. Der nimmt ihm sein Instrument ab, stimmt es und gibt es ihm zurück. Ab diesem Moment soll Johnson der begnadetste Blueser unter der Sonne gewesen sein. Obwohl nur 29 Aufnahmen des Musikers aus zwei Sessions der Jahre 1936 und 1937 existieren, zählt Johnson zu den einflussreichsten Blues-Musikern der Musikgeschichte.
Der Blues differenzierte sich daraufhin immer mehr aus und entwickelte sich weiter. Von der reinen Unterhaltungsmusik für die afroamerikanische Bevölkerung mogelte sich das Genre in alle Sparten und Sphären hinein. Ohne Blues kein Jazz, ohne Blues kein Rock'n'Roll, ohne Blues kein Metal, kein Soul und ganz sicher sogar kein Hip Hop. Die Einflüsse der Musik, die zunächst die schwarze Bevölkerung der USA begeisterte, treiben die modernen Genres weiter vor sich her. Delta Blues, Country Blues, Chicago Blues, Jazzblues, Bluesrock, wie auch immer man das Kind nennt, die Nachkommen treiben sich auch heute noch allerorten herum. Zu Stars des Genres zählen Muddy Waters, B.B. King, Howlin' Wolf oder John Lee Hooker, die allesamt für den Blues mit E-Gitarre stehen.
B.B. King auf seiner Abschiedstour 2006. Er starb 2015 im Alter von 89 Jahren.
© laut.de
Bekannte Künstler wie The White Stripes, Jon Spencer Blues Explosion, Black Keys oder auch Hozier verhelfen dem Blues zum erfolgreichen Sprung ins 21. Jahrhundert. Schwarze Anzüge, Sonnenbrillen und Hut: Auf die Leinwand brachten den Blues 1980 auf unvergessliche Weise John Belushi und Dan Aykroyd alias The Blues Brothers.
Auch auf laut.fm widmet sich eine Vielzahl von Stationen dieser ursprünglichen Pop-Musik. Die ganz alten Tracks aus dem frühen 20. Jahrhundert sucht man zwar vergebens, aber die Derivate tummeln sich zuhauf in den Playlists vieler Stationen. Wir listen euch nun einige coole Sender, die sich den Blues auf die virtuelle Radio-Fahne geschrieben haben.
Beim diesem Sender dürften Blues-Puristen Pickel, Ausschlag und die Motten bekommen. Der niederländische Senderchef und DJ Jan Mittendorp bringt es knackig auf den Punkt: "Thank God not all dutch DJs play EDM!" Und das stimmt in seinem Fall zu 100 Prozent. Wo Ludovic Navarre aka St. Germain den Jazz in die House-Musik brachte, überführt Mittendorp den Blues ins 21. Jahrhundert. Neben eigenen Klassiker-Mixes, die er auf seinem Label Blackandtanrecords veröffentlicht, frönt er auf seinem Sender Sounds, die sich abseits des Genre-Konsens' bewegen.
"Erwartet keine Musik für Millionen, sondern einen originellen Mix aus Blues, Jazz, Weltmusik, Funk, Techno und alle Arten von großartiger Musik mit einem Beat." Bei ihm dreht sich nämlich alles um letztgenannten Beat. Seine Sendungen benennt er folgerichtig "Holy Beats", "Jazzy Beats", "New Beats", "World Beats", "Acoustic Beats" und "Funky Beats". Sein Blues-Selbstverständnis fasst er wunderbar wie folgt zusammen: "Die Art von Blues (und verwandte Musik), die du normalerweise auf keiner Blues-Show zu hören bekommst. Blues hatte schon immer einen starken Beat und war dazu gedacht, zum Tanzen zu animieren. Bringen wir frischen Wind in die Bude und lassen das rhythmische Herz des Blues wieder schlagen." Definitiv die ausgefuchsteste Blues-Playlist auf laut.fm. So solls sein!
Schon zu Lebzeiten eine Legende: Muddy Waters (1915-1983).
© Chess Records
Etwas konventioneller geht es bei den Dormagenern von Blues In Germany zu. Zusätzlich zu seiner eigenen Webseite und Facebook-Präsenz widmet sich DJ Wildhog auf seinem Sender dem 12-Bar Blues. "BiG - Blues", "A case full of Blues", da dürfte für jeden noch ein bisschen Blues übrig sein. Beim Reinzappen liefen unter anderem Greyhound George & Andy Grünert, Jim Byrnes, die Ron Evans Group, Gregor Hilden und Papaslide. Es kommen auffallend viele Blues-Musiker aus Deutschland zum Zuge, daher wohl auch der Facebook-Nickname Krautblues. Kann man sich immer wieder geben.
Zwischen Mark Harrison, Gary Clark Jr., dem unvermeidlichen Joe Bonamassa und Richard Townend kuscheln sich auf Rock The Blues auch mal die Rolling Stones, Lou Reed und George Thorogood. Ein recht ausgewogener Mix, den jeder Blues-Fan auch gut nebenher laufen lassen kann. Überraschungsmomente sind hier eher rar gesät, die Auswahl fällt dennoch interessant aus. Wer Blues in seiner etwas bekömmlicheren Art sucht, ist bei DJ Mike Kappes bestens bedient.
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