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Von Michael Schuh

Redakteur bei laut.de
5. Juli 2017

Podcast: Angekommen im Smartphone-Zeitalter 

  • Audio-Format ergänzt Musikangebote wie Online-Radio und Streaming
  • Schulz und Böhmermann als Influencer
  • Wettbewerbsvorteil gegenüber terrestrischen Liveradios

Ungemein praktisch, der Musikkonsum heutzutage. Handy-App geklickt, zack, Play. So nutzen immer mehr Menschen die verschiedensten Radiostationen auf laut.fm oder Musikstreaming. Zu jeder Tages- und Nachtzeit neue Sender entdecken oder diverse Playlists anzuhören ist längst Realität. Genau hier liegen auch die Gemeinsamkeiten zum vermeintlich alten Medium Podcast: Darunter versteht man eingesprochene, fertig produzierte Sendungen verschiedenster inhaltlicher Couleur, die für den Endverbraucher 24/7 via App oder MP3-Download zur Verfügung stehen. Der User kann selbst entscheiden, wann und wo er sich ein Programm anhören – oder im Falle von Video-Podcasts - ansehen möchte. Die Podcast-App von Apple oder Streaming-Giganten wie Spotify weisen Interessierten den Weg.

Musik muss leider draußen bleiben

Musik muss leider draußen bleiben – den undurchsichtigen Nutzungsrechten sei Dank. Radio-DJs bei laut.fm geht es da ein bisschen besser: Seit Anfang des Jahres können DJs live senden und ihr musikalisches Programm dadurch attraktiver gestalten. Denn natürlich fasziniert das gesprochene Wort als elementarer Bestandteil des Mediums Radio nicht nur Podcaster, sondern auch uns.

Mitte der Nullerjahre erfuhr der neue Begriff Podcast in Deutschland einen regelrechten Boom, nachdem Apple ihn im beliebten iTunes-Store anbot. Schnell waren sich Internet-Experten einig: Dieses MP3-Audioformat ist die Zukunft. In der Folge stürzte sich der Sport, die Politik und die Wissenschaft auf das neue Format, Schulen entdeckten darin eine moderne Möglichkeit der Wissensvermittlung, doch vor allem sorgten Podcast-Produzenten aus dem privaten Bereich dafür, dass der Begriff zum Synonym für eine Art Bürgerfunk 2.0 wurde. Professionelle Moderation oder eine perfekt durchgestylte Produktion, wie man es bis dato von Radiosendungen kannte, spielte keine übergeordnete Rolle mehr. Oft entfaltete gerade die spielerische Experimentierfreude der Podcaster einen besonderen Charme. Auch auf laut.fm haben wir eine Weile lang von Redakteuren gefertigte Sendungen zu spezifischen Musikgenres oder Künstlern angeboten, die aus mangelndem Interesse eingestellt wurden. "Podcasten", das iTunes-Zeitalter hatte ein neues hippes Keyword. 

    "Fest & Flauschig" 

    Früher als "Sanft & Sorgfältig" beim RBB, läuft die Sendung von Schulz und Böhmermann mittlerweile als Podcast bei Spotify.
    © Spotify

    "Fest & Flauschig" als Vorreiter

    Dass es der Podcast hinüber in die heutige Zeit des Streamings geschafft hat, ist nur auf den ersten Blick eine Überraschung. Schließlich wird das Endgerät, auf das sich sein Name bezieht – der iPod – längst nicht mehr hergestellt. Die On-Demand-Verfügbarkeit, die ein elementares Merkmal des Podcasts darstellt, passt dennoch wunderbar in unsere Zeit des flexiblen Informationskonsums. Eine Sendung überall im Alltag mitnehmen zu können, ob beim Kochen mit dem Partner oder beim Bahnfahren, das macht heute dank Smartphones mehr Sinn denn je. Zumal man Sendungen nun kostenlos abonnieren kann. Podcast-Feeds und Apps erleichtern den Konsum noch mehr. Die Suchmaschine audiosear.ch spuckt nach Eingabe von Zitaten oder Stichworten Podcast-Ergebnisse aus. Streaminganbieter wie Spotify erweitern ihr Angebot stetig. Der schwedische Marktführer setzt allerdings rein auf die App, eine Desktop-Nutzung ist nicht möglich.

    Die zweite Welle des Audio-Formats rollte in Amerika los. Dort kletterte 2014 etwa der Mystery-Podcast "Serial" der Radiomoderatorin Sarah Koenig an die Spitze der iTunes-Charts. Lobeshymnen in Late Night-Shows und Diskussionen auf Facebook und Twitter sorgten für einen weiteren Popularitätsboost. Eine ähnliche Vorreiterrolle nimmt hierzulande der Podcast "Fest & Flauschig" ein. 2016 sicherte sich der Streaming-Riese Spotify die Rechte an der beliebten RBB-Radiosendung "Sanft & Sorgfältig" mit Olli Schulz und Jan Böhmermann. Dort läuft sie seitdem als "Fest & Flauschig".

    Das hohe mediale Interesse an der Sendung begleiten statistische Auswertungen, wonach sich die Zahl der deutschen Podcast-Konsumenten etwa bereits von 2014 auf 2015 nahezu verdoppelt hat. Die erfolgreichen Formate weisen allerdings kaum noch den amateurhaften Glanz der Gründerzeit auf, sondern klingen dank fortgeschrittener und allseits verfügbarer Technik fast ausschließlich professionell. Ist das letztendlich vielleicht der Grund für das Wiedererstarken des Formats?  

    "Schnelle Bandbreiten und einfache Downloads stärken das Format"

    Dies sieht auch Maik Nöcker so. Der Podcast-Experte betreibt mit Micky Beisenherz und Lucas Vogelsang den Fußball-Audio-Podcast "Fussball MML - der Podcast zur Bundesliga". Der frühere Sky-Moderator sieht keinen Grund zur Klage: "Schnelle und günstige Bandbreiten und einfache Downloads innerhalb zahlreicher Apps" seien der Grund für das Wiedererstarken des Formats. Je einfacher die Nutzung, desto größer der Erfolg. Terrestrisches Liveradio sei für Podcasts deshalb kein Konkurrent, da man sich in der kommerziellen Dudelfunk-Branche gar nicht mehr die Zeit nähme, ein Thema ausführlich über einen längeren Zeitraum als fünf Minuten zu besprechen, so Nöcker lakonisch. Ganz ähnlich verhält es sich mit der musikalischen Vielfalt von Formatradios, worin schließlich auch der Erfolg von laut.fm begründet ist.

      Fussball MML - der Podcast zur Bundesliga

      Maik Nöcker, Micky Beisenherz und Lucas Vogelsang kommentieren in ihrem Podcast die Bundesliga-Spiele.

      © Fussball MML

      Übrigens: Clevere Radiomacher nutzen sowohl die Vorteile von Podcasts als auch von Live-Radio. Wo Schulz & Böhmermann ihrem Podcast gezwungenermaßen eine separate Spotify-Playlist anfügen, kann sich jeder Podcaster auch im Radio verwirklichen. Maik Nöcker betreibt neben seinem Fußball-Podcast auf laut.fm etwa auch das offizielle DFB-Fanclubradio für Live-Übertragungen. Die Formate stoßen sich also nicht ab, sondern ergänzen sich.

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